Vom Literaten- zum Volksgetränk

10. – 14. Jh.

Die Tee-Kämpfe

In der Tang-Dynastie war der Tee unter den Literaten so beliebt, dass es regelmäßig Tee-Bankett gab, wo sich Literaten trafen, um sich neue Gedichte über den Tee auszudenken. In der Song-Dynastie (960 – 1279) artete solches intellektuelle Treffen zu einer Art Tee-Wettkampf aus. Unter den Reichen war es ein modischer Zeitvertreib, Tee-Wettkämpfte zu veranstalten. Die Tee-Wettkämpfe entstanden in der Zeit, als die verschiedenen Anbauregionen um die Gunst des Kaisers warben. Um den besten Tee auszuwählen, ließ der Kaiser die Tees gegeneinander in einem Wettkampf antreten.
Eine Tuschemalerei aus der ausgehenden Song-Dynastie zeichnet die Szene eines Tee-Wettkampfs. Der Herr links im Vordergrund hält eine Teetasse in der Hand. Der Junge hinter ihm gießt gerade aus einer Kanne in eine andere Tasse, die wohl für den Herrn rechts im Vordergrund bestimmt ist.
Der Wettkampf sieht etwa so aus: Von einem Teekuchen wird ein kleines Stück abgebrochen und zum Pulver zermahlen und in eine spezielle Porzellan-Schale (siehe Abb. unten) gegeben, dann wird eine kleine Menge kochendes Wasser aufgegossen. Mit einem kleinen Besen aus Bambus wird es zu einer dicken Masse geschlagen. Es wird mehr heißes Wasser in die Schale gegeben und weiter gerührt, bis die Schale etwa halb voll wurde. Durch das Rühren schäumte der Tee stark. Genau dieser Schaum stand im Mittelpunkt des Wettkampfs: die Farbe des Schaums sollte eine frische weiße Farbe haben, weshalb schwarze Porzellan-Schalen in der Song-Zeit so verbreitet waren.
Eine Porzellan-Tee-Tasse aus der Spät-Song-Zeit. Sie trägt eine dunkelbraune, ja fast schwarze Glasur. Diese dunkle Glasur war in der Song-Zeit wegen der Tee-Kämpfe besonders beliebt.
Eine weitere Porzellan-Tee-Tasse aus der Spät-Song-Zeit. Die schwarze Glasur ist noch dunkler.
Die schwarze Schale brachte die weiße Farbe des Schaums am besten zur Geltung. Der Schaum sollte außerdem die ganze Fläche des Aufgusses bedecken und fest an der Schale haften. Je länger der Schaum stehen blieb, desto besser sollte der Tee sein. Um eine etwaige Vorstellung von dieser Art von Tee-Servieren zu haben, braucht man heute nur eine japanische Tee-Zeremonie anzuschauen, die brachten nämlich japanische Mönche von ihrem Studienaufenthalt in chinesischen Klöstern im 11. – 12. Jh. mit nach Japan zurück. Ähnlich einem schlechten Schüler, der sich nie traute, von den Anweisungen seines Meisters nur um ein Haar abzuweichen, praktizieren die Japaner diese Zeremonie noch heute fast unverändert wie damals zur Song-Zeit.

Entstehung der Teehäuser

Die wachsende Popularität des Buddhismus ließ immer mehr Gläubige ins Kloster strömen. Die Gläubigen übernahmen auch das Teetrinken als einen Teil ihrer täglichen häuslichen Meditation. Die unzähligen Bücher, Texte und Gedichte, die die Literaten über den Tee verfassten, verstärkten diesen Trend noch zusätzlich. Schon in der Tang-Zeit gab es Geschäfte, die Tee als Durstlöscher anboten. Richtige Tee-Häuser entstanden erst in der Song-Dynastie, als die Urbanisierung einsetzte. In den Großstädten wurde die strenge Trennung zwischen Markt- und Wohn-Gebiet, die vor der Song-Zeit gang und gäbe war, aufgehoben. Mitten in belebten Wohnvierteln wurden Gaststätten und Theater eröffnet. Zum ersten Mal gab es auch Gaststätten, die sich auf Tee spezialisierten.
Diese berühmte Malerei aus der Song-Dynastie zeichnet die Song-Hauptstadt Bian Jing an einem Frühlingstag. Das gesamte Bild ist 5,3 m breit und 2,5 m hoch und beinhaltet über 500 Personen. In diesem Ausschnitt sieht man ein offenes Teehaus direkt am Ufer und zwischen zwei bewohnten Häusern.
Diese Teehäuser (siehe Abbildung oben) hatten oft einen Tee-Zeremonie-Meister, den man „Tee-Doktor“ nannte. Je nach Zielgruppe wurden die Teehäuser unterschiedlich eingerichtet: Für Intellektuelle gab es Teehäuser, die sich mit Schnittblumen, Kalligraphien und Malereien schmückten; für das gemeine Volk wurde das Teehaus mehr und mehr zu einem multifunktionalen Treffpunkt. Straßenkünstler traten auf, Klatsch- und Tratsch-Geschichten wurden ausgetauscht, Streitigkeiten unter Nachbarn wurden geschlichtet, Geschäft wurde abgewickelt, Prostituierte boten ihren Dienst an.

Der Teeanbau in der Song-Dynastie

Die Song-Zeit war um einiges kälter als die Tang-Zeit, deshalb verlagerten sich die Anbau-Regionen gen Süden. Der beste Tee kam jetzt aus einer Region in der heutigen Provinz Fujian
(Südosten Chinas).

Der Richtungswechsel bei der Herstellung des Tees

Verarbeitungstechnisch gab es in der Song-Zeit einen wichtigen Richtungswechsel. Tee wurde weiterhin hauptsächlich zu gepressten Teekuchen verarbeitet. Weil aber der Tee immer mehr zum Volksgetränk wurde, war die komplizierte Zubereitung mit dem Teekuchen nicht mehr zeitgemäß. Es wurde daher immer mehr lose Tees hergestellt, die den Vorteil hatten, dass man recht schnell und unkompliziert einen Tee machen konnte. Auch die Herstellung von losen Tees war erheblich einfacher als die Herstellung von Teekuchen. Lose Tees (Grüner Tee im heutigen Sinne) gab es schon in der Tang-Zeit und wurde in dem Buch von Lu Yu erwähnt. Sie hatten aber erst in der Song-Zeit an Bedeutung gewonnen. Am Ende der Song-Zeit und in der Zeit der mongolischen Herrschaft (1271 – 1368) übertraf die Produktion der losen Tees sogar die der Teekuchen. In der Enzyklopädie der Landwirtschaft von Wang Zhen (Erster Druck im Jahre 1313, eines der 100 einflussreichsten Bücher der chinesischen Geschichte) fand die Herstellungsmethode für den gepressten Tee nur eine sehr kurze Erwähnung, wogegen die Herstellung von losen Tees ausführlich beschrieben wurde.

Der gepresste Tee wurde mehr und mehr zur Randerscheinung, auch im wörtlichen Sinne: Die Hauptabnehmer des gepressten Tees waren die Randvölker des Zentralreichs, meistens Nomaden oder Halbnomaden, die den begehrten Tee gegen Pferden eintauschten (s. auch " Der schwarze Tee ").
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